Einleitung:
Der Ölgehalt in Druckluftsystemen stellt eine große Herausforderung dar, insbesondere in sensiblen Anwendungen wie der Lebensmittelproduktion, der Pharmaindustrie oder der Elektronikfertigung. Selbst bei ölfreien Kompressoren können noch Ölanteile aus der Umgebungsluft oder aus dem Kompressorölkreislauf eingetragen werden. Daher spielen Ölabscheider und Filter eine entscheidende Rolle, um den Ölgehalt auf die geforderten Reinheitsklassen nach ISO 8573-1 zu reduzieren.
Herkunft des Öls in der Druckluft:
Öl kann als Aerosol (Tröpfchen), in dampfförmiger Form oder als flüssiges Öl vorliegen. In ölgeschmierten Kompressoren werden bis zu 200–300 mg/m³ Öl in die Druckluft eingetragen. Selbst in „ölfrei verdichtenden“ Anlagen können geringe Mengen Öl aus Leckagen oder Rückströmungen auftreten.
Funktionsweise von Ölabscheidern und Filtern:
Ölabscheider und Filter nutzen physikalische Prinzipien, um Öltröpfchen aus der Luft zu entfernen:
- Schwerkraftabscheidung (Zyklonabscheider)
- Trägheitsabscheidung
- Koaleszenz-Effekte
- Adsorption (v. a. Aktivkohlefilter)
Technologien zur Ölminderung im Detail:
- Zyklonabscheider
- Nutzt die Fliehkraft in einem rotierenden Luftstrom.
- Öltröpfchen mit größerer Masse (>1 µm) werden radial nach außen gedrückt und abgeschieden.
- Effektivität: Reduktion des Ölgehalts auf ca. 10–20 mg/m³.
- Wartungsarm, keine Verbrauchsteile.
- Koaleszenzfilter
- Feine Mikroglasfaserschichten lassen Öltröpfchen anhaften.
- Tröpfchen koaleszieren (verschmelzen) zu größeren Tropfen, die durch Schwerkraft absinken.
- Filterklassen:
- Vorfilter (Grobabscheider): 1–10 µm
- Feinfilter: bis zu 0,01 µm
- Restölgehalt nach Koaleszenzfilterung: typ. 0,1–0,01 mg/m³.
- Aktivkohleadsorber
- Entfernt gasförmige Ölbestandteile (Öldämpfe) durch physikalische Adsorption.
- Aktivkohle bietet eine sehr große innere Oberfläche (~1000 m²/g), die Öl effektiv bindet.
- Einsatz vor allem in Prozessen mit höchsten Reinheitsanforderungen (Klasse 1 nach ISO 8573-1: ≤0,01 mg/m³ Gesamtölgehalt).
Physikalische Grundlagen der Koaleszenz:
- Öltröpfchen verhalten sich wie Aerosole und folgen der Stokes’schen Sinkgeschwindigkeit:
v=2r2(ρO¨l−ρLuft)g9ηv = \frac{2 r^2 (\rho_{\text{Öl}} – \rho_{\text{Luft}}) g}{9 \eta}v=9η2r2(ρO¨l−ρLuft)g
mit rrr als Tropfenradius, ρ\rhoρ als Dichte und η\etaη als Viskosität der Luft.
- Je kleiner die Tröpfchen, desto langsamer sinken sie ab – daher ist eine feine Faserstruktur entscheidend.
Kombination der Technologien:
In modernen Anlagen werden Ölabscheider und Filter stufenweise eingesetzt:
1️⃣ Zyklonabscheider – Grobe Ölabscheidung
2️⃣ Koaleszenzfilter – Feinstpartikel und Aerosole
3️⃣ Aktivkohlefilter – Gasförmige Ölanteile
Praxis-Tipps für Ingenieure:
✅ Druckverlust überwachen: Hohe Filterbeladung führt zu steigendem Druckverlust (Δp), der Kompressorleistung kostet.
✅ Regelmäßige Filterwechsel: je nach Herstellerempfehlung alle 6–12 Monate oder bei Δp-Anstieg um 50 %.
✅ Filterauslegung an Prozessbedingungen anpassen: Druck, Temperatur und Ölbelastung bestimmen die optimale Kombination.
✅ Messung des Ölgehalts: Probenahme und Analyse, z. B. nach ISO 8573-2 (Messverfahren für Aerosolöl).
Fazit:
Ölabscheider und Filter sind unverzichtbare Komponenten, um den Ölgehalt in Druckluftsystemen nachhaltig zu minimieren. Durch den gezielten Einsatz von Zyklonabscheidern, Koaleszenz- und Aktivkohlefiltern kann auch in ölgeschmierten Kompressorsystemen der geforderte Reinheitsgrad zuverlässig eingehalten werden. Für Ingenieure gilt: Eine gute Planung und regelmäßige Wartung sichern nicht nur Prozesssicherheit, sondern auch Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit.
Technologie | Partikelgröße (µm) | Restölgehalt (mg/m³) | Wartung |
---|---|---|---|
Zyklonabscheider | > 1 | 10–20 | Wartungsarm |
Koaleszenzfilter | 0,01 – 10 | 0,1 – 0,01 | Regelmäßiger Wechsel |
Aktivkohleadsorber | Gasförmig (Öldämpfe) | ≤ 0,01 | Regelmäßiger Wechsel |
Filterstufe | Funktionsprinzip | Einsatzgebiet |
---|---|---|
Zyklonabscheider | Fliehkraft, Schwerkraft | Grobe Ölabscheidung |
Koaleszenzfilter | Koaleszenz, Schwerkraft | Feine Öl- und Partikelabscheidung |
Aktivkohleadsorber | Physikalische Adsorption | Entfernung gasförmiger Öldämpfe |
Einflussfaktor | Einfluss auf die Filterauslegung |
---|---|
Druck | Höherer Druck → Höherer Druckverlust |
Temperatur | Höhere Temperatur → Geringere Luftdichte |
Ölbelastung | Hohe Belastung → Häufigere Filterwechsel nötig |
ISO-Klasse | Gesamtölgehalt (mg/m³) | Anwendung |
---|---|---|
Klasse 1 | ≤ 0,01 | Pharma, Lebensmittel, Elektronik |
Klasse 2 | ≤ 0,1 | Allgemeine Industrieanwendungen |
Klasse 3 | ≤ 1 | Grobe Druckluftversorgung |
8 Antworten auf „Ölabscheider und Filter: Technologien zur Ölminderung“
In modernen industriellen Anwendungen ist die Kombination verschiedener Abscheider- und Filtertechnologien entscheidend, um die Reinheitsklassen nach ISO 8573-1 zuverlässig einzuhalten. Zyklonabscheider reduzieren dabei den Großteil des Öls, während Koaleszenzfilter die Feinstaubbelastung weiter senken. Aktivkohlefilter schließlich sorgen für die Adsorption von Öldämpfen, um auch höchste Qualitätsanforderungen zu erfüllen. Dieser mehrstufige Ansatz ist ein Garant für maximale Effizienz in sensiblen Produktionsumgebungen.
Besonders spannend ist die Rolle der physikalischen Adsorption bei Aktivkohlefiltern. Durch die enorme innere Oberfläche von etwa 1000 m²/g kann eine große Menge gasförmiger Ölanteile gebunden werden. Dabei ist zu beachten, dass Aktivkohlefilter regelmäßig regeneriert oder ausgetauscht werden müssen, da ihre Adsorptionskapazität begrenzt ist. Dies stellt einen wichtigen Aspekt bei der langfristigen Wartungsplanung dar.
Die Wahl der richtigen Filterklasse hängt stark von den Prozessbedingungen ab, etwa von Druck, Temperatur und dem zu erwartenden Ölgehalt. Ein zu grob gewählter Filter könnte nicht ausreichend Schutz bieten, während ein zu feiner Filter übermäßig viel Energie durch hohen Druckverlust verbraucht. Daher lohnt sich eine präzise Abstimmung der Filterkombination auf die jeweilige Anwendung. So wird nicht nur die Luftreinheit gewährleistet, sondern auch die Betriebskosten optimiert.
Koaleszenzfilter nutzen das Prinzip der Tropfenvergrößerung, um kleinste Öltröpfchen effizient abzuscheiden. Dieses physikalische Phänomen wird als Koaleszenz bezeichnet und ist ein Schlüsselfaktor für die hohe Effektivität dieser Filterstufe. Durch die feine Mikroglasfaserstruktur werden Tröpfchen zusammengeführt, wodurch sich ihr Abscheideverhalten deutlich verbessert. Ohne diesen Effekt könnten feine Aerosole nicht zuverlässig entfernt werden.
Zyklonabscheider gelten als besonders wartungsarm, da sie keine Verbrauchsteile enthalten. Allerdings ist ihre Effektivität vor allem bei größeren Öltröpfchen gegeben, während kleinere Partikel von nachgeschalteten Filtern übernommen werden müssen. Dies zeigt, dass auch wartungsarme Komponenten Teil eines Gesamtsystems sein müssen, das alle Partikelgrößen berücksichtigt. Eine regelmäßige Überprüfung auf Ablagerungen ist dennoch sinnvoll, um die Abscheideleistung dauerhaft zu sichern.
Ein oft unterschätzter Faktor ist der Einfluss des Druckverlusts auf die Wirtschaftlichkeit des Gesamtsystems. Steigt der Druckverlust im Filtersystem um 50 %, erhöht sich auch der Energiebedarf des Kompressors entsprechend. Deshalb sollten Ingenieure den Druckverlust regelmäßig überwachen und rechtzeitig Filterwechsel einplanen. So bleibt die Effizienz der Anlage erhalten und unnötige Energiekosten werden vermieden.
In sensiblen Branchen wie der Lebensmittelindustrie oder der Pharmaindustrie sind Ölrückstände in der Druckluft besonders kritisch. Hier kann schon eine minimale Verunreinigung zu Produktionsausfällen oder rechtlichen Problemen führen. Daher ist der Einsatz von Aktivkohleadsorbern in Kombination mit Koaleszenzfiltern besonders wichtig. Diese Kombination stellt sicher, dass auch gasförmige Ölanteile zuverlässig entfernt
Interessant ist auch, dass selbst ölfreie Kompressoren nicht automatisch ölfreie Druckluft liefern. Oft gelangen Spuren von Öl durch Leckagen oder Rückströmungen in die Luft. Daher ist es wichtig, die gesamte Druckluftkette zu betrachten und auch bei „ölfreien“ Anlagen geeignete Filterstufen einzuplanen. Nur so können die geforderten Reinheitsklassen zuverlässig erreicht werden.