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Druckluftqualität

Kompressorbauarten und ihr Einfluss auf den Ölgehalt der Druckluft

Einleitung:
Der Ölgehalt in Druckluft ist ein entscheidendes Qualitätsmerkmal, insbesondere in sensiblen Anwendungsbereichen wie der Lebensmittel-, Pharma- oder Elektronikindustrie. Ein zentraler Faktor, der den Ölgehalt bestimmt, ist die Bauart des verwendeten Kompressors. Dieser Artikel bietet Ingenieuren eine tiefgehende Analyse, wie unterschiedliche Kompressortypen – von ölgeschmierten bis zu ölfreien Varianten – den Ölgehalt beeinflussen und welche physikalischen Prinzipien dabei zugrunde liegen.

Warum ist der Ölgehalt relevant?

  • Verunreinigungsrisiko: Öl kann Produkte oder Prozesse kontaminieren.
  • Schädigung von Anlagen: Ölnebel kann pneumatische Bauteile verstopfen oder beschädigen.
  • Hohe Anforderungen in sensiblen Bereichen: ISO 8573-1 definiert für Öl den Gesamtölgehalt (Aerosole, flüssig und dampfförmig) in Klassen – z. B. Klasse 1: max. 0,01 mg/m³.

Bauarten von Kompressoren und ihre Besonderheiten:

  1. Kolbenkompressoren
    • Ölgeschmiert:
      • Kolben und Zylinderlaufbuchsen sind mit Öl geschmiert.
      • Öl kann durch die Kolbenringe in die Druckluft gelangen (typ. 2–10 mg/m³ bei unzureichender Abscheidung).
      • Bei gut gewarteten Kolbenkompressoren und Ölabscheidern: Werte um 0,1–1 mg/m³ erreichbar.
    • Ölfrei (trockenlaufend):
      • Verwendung von selbstschmierenden Werkstoffen (z. B. PTFE, Graphit).
      • Kein direkter Öleintrag, daher oft Ölgehalt <0,01 mg/m³.
      • Nachteile: Höhere Temperaturbelastung der Bauteile, kürzere Wartungsintervalle.
  2. Schraubenkompressoren
    • Öleingespritzt:
      • Öl dient zur Schmierung, Dichtung und Kühlung.
      • Ölanteil in der Druckluft vor Abscheidung: bis zu 200–300 mg/m³.
      • Effektive Ölabscheidesysteme (Zyklonabscheider, Koaleszenzfilter) reduzieren Gehalt auf 1–5 mg/m³ oder weniger.
    • Ölfrei verdichtend:
      • Zwei Stufen, oft wassergekühlt, mit PTFE-beschichteten Rotoren.
      • Keine Ölverwendung in Verdichtungskammer, Ölgehalt <0,01 mg/m³ möglich.
  3. Scrollkompressoren
    • Ölfrei:
      • Spiralförmige Verdichtungskammer ohne Schmierung.
      • Typischerweise für kleinere Volumenströme (Labor, Medizintechnik).
      • Ölgehalt <0,01 mg/m³ realisierbar.

Physikalische und technische Einflussgrößen:

  • Temperatur und Druck:
    Hohe Verdichtungstemperaturen führen zu verstärktem Austreten von Ölnebel oder -dampf.
  • Drehzahl und mechanische Belastung:
    Höhere Drehzahlen (z. B. bei Schraubenkompressoren) begünstigen die Ölzerstäubung.
  • Abscheidesysteme:
    Zyklon- und Koaleszenzabscheider nutzen Fliehkraft und Oberflächenspannung, um Öltröpfchen aus der Luft abzuscheiden.
    • Koaleszenzfiltereffizienz: >99 % für Partikel >0,1 µm.

Praxis-Tipps für Ingenieure:
Ölgehalt messen: Regelmäßige Messungen des Ölgehalts (z. B. Ölanalysatoren, Probemessungen).
Wartung der Ölabscheidesysteme: Verschmutzte Filter verlieren Wirkung und lassen Öl passieren.
Passende Kompressorbauart wählen:

  • Ölfrei für sensible Prozesse
  • Ölgeschmiert bei hoher Wirtschaftlichkeit, kombiniert mit effektiver Filtration
    Prozessanforderungen prüfen: Lebensmittel- oder Pharmaanwendungen erfordern zwingend ölfreie Verdichtung.

Zusätzliche Maßnahmen zur Ölminderung:

  • Aktivkohlefilter nach dem Kompressor können Restölgehalte weiter reduzieren.
  • Systemintegration: Kombination mit Kältetrocknern oder Adsorptionstrocknern für zusätzliche Sicherheit, da Wasser und Öl oft gemeinsam auftreten.

Fazit:
Der Ölgehalt in der Druckluft hängt maßgeblich von der Kompressorbauart ab. Während ölgeschmierte Kompressoren wirtschaftlich und robust sind, können ölfreie Varianten in sensiblen Prozessen unverzichtbar sein. Mit gezielter Auswahl, geeigneten Abscheidesystemen und regelmäßiger Wartung lässt sich der Ölgehalt auch bei ölgeschmierten Kompressoren zuverlässig auf die geforderte Reinheitsklasse senken – ein entscheidender Beitrag zur Prozesssicherheit und Qualität.

Tabelle 1: Vergleich der Kompressorbauarten

KompressortypSchmierungTypischer Ölgehalt (mg/m³)WartungsaufwandAnwendungen
Kolben (ölgeschmiert)Öl0,1–10Mittel bis hochAllgemeine Industrie
Kolben (ölfrei)Selbstschmierend<0,01HochPharma, Labor
Schraube (ölgeschmiert)Öl1–5MittelProduktion, Werkstätten
Schraube (ölfrei)Wasser/kein Öl<0,01HochPharma, Lebensmittel, Elektronik
Scroll (ölfrei)Trockenlaufend<0,01HochMedizintechnik, Labore

Tabelle 2: Einfluss physikalischer Faktoren auf den Ölgehalt

FaktorAuswirkung auf Ölgehalt
VerdichtungstemperaturErhöht das Austreten von Ölnebel
DrehzahlHöhere Drehzahl → mehr Ölzerstäubung
Mechanische BelastungVerstärkt Verschleiß → mehr Öleintrag
WartungReduzierte Effizienz bei Defekten

Tabelle 3: ISO 8573-1 – Ölgehaltsklassen

KlasseMax. Gesamtölgehalt (mg/m³)
10,01
20,1
31,0
45,0
525,0

Tabelle 4: Zusätzliche Aufbereitungsmethoden

MethodeZweckTypische Anwendung
AktivkohlefilterAdsorption von RestölPharma, Elektronik
KältetrocknerKondensation von Wasser/ÖlAllgemeine Industrie
AdsorptionstrocknerRestfeuchte und ÖlentfernungHochsensible Prozesse

7 Antworten auf „Kompressorbauarten und ihr Einfluss auf den Ölgehalt der Druckluft“

Ein interessanter Aspekt im Artikel ist die Rolle der ISO 8573-1 Norm. Diese internationale Norm legt nicht nur Grenzwerte für den Ölgehalt fest, sondern definiert auch Reinheitsklassen für andere Verunreinigungen wie Partikel und Wasser. In der Praxis ist die Einhaltung dieser Reinheitsklassen oft entscheidend für die Produktqualität und Anlagenlebensdauer. Eine sorgfältige Dokumentation und regelmäßige Überprüfung der Luftreinheit sind daher unerlässlich.

Die ölfreien Kompressoren, wie sie bei Scroll- oder Trockenlauf-Kolbenkompressoren eingesetzt werden, sind eine hervorragende Lösung für Branchen mit höchsten Reinheitsanforderungen. Spannend ist dabei, dass durch den Einsatz spezieller Werkstoffe wie PTFE oder Graphit ein völlig ölfreier Betrieb erreicht wird. Allerdings sollte man nicht vergessen, dass diese ölfreien Varianten auch höhere Anforderungen an Wartung und Temperaturkontrolle stellen, um eine lange Lebensdauer zu sichern.

Der Artikel hebt die Bedeutung von Abscheidesystemen hervor. Gerade die Kombination aus Zyklonabscheider und Koaleszenzfilter ist ein bewährtes Konzept, um den Ölgehalt drastisch zu senken. Wichtig ist hierbei, dass Koaleszenzfilter besonders empfindlich auf Wartungsdefizite reagieren. Bereits kleine Undichtigkeiten oder Verunreinigungen können den Wirkungsgrad erheblich verringern – regelmäßige Inspektionen sind also Pflicht.

Ein Punkt, der noch ergänzt werden kann, ist der Einfluss der Drucklufttemperatur auf die Löslichkeit von Ölnebel. Je höher die Temperatur, desto größer die Gefahr, dass sich Öl in der Druckluft löst. Dies führt nicht nur zu erhöhtem Ölgehalt, sondern auch zu möglichen Ablagerungen in nachfolgenden Prozessen. Daher ist es sinnvoll, auch Kühlkonzepte in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen.

Sehr spannend finde ich, dass der Artikel nicht nur die unterschiedlichen Kompressorbauten beleuchtet, sondern auch deren spezifische Vor- und Nachteile für verschiedene Branchenanwendungen darstellt. Gerade bei pharmazeutischen oder medizinischen Anwendungen ist die Entscheidung für ölfreie Technologien oft nicht verhandelbar. Hier lohnt sich ein Blick in branchenspezifische Richtlinien, die noch strengere Reinheitsanforderungen als ISO 8573-1 vorgeben können.

Ein oft unterschätztes Thema ist die Kombination von Druckluftaufbereitung mit Aktivkohlefiltern. Diese Filter sind in der Lage, auch feinste Ölnebel oder Öl-Dämpfe zu adsorbieren, die andere Abscheidesysteme nicht mehr erfassen. Besonders bei sensiblen Anwendungen lohnt sich diese zusätzliche Sicherheitsmaßnahme – auch wenn der Wartungsaufwand für Aktivkohlefilter beachtet werden muss.

Im Zusammenhang mit Schraubenkompressoren finde ich es interessant, dass diese durch die hohen Drehzahlen und das Prinzip der Öl-Einspritzung naturgemäß zu höheren Ölwerten neigen. Andererseits sind sie auch wegen ihrer Laufruhe und hohen Effizienz in vielen Industrien unverzichtbar. Deshalb ist ein gut gewartetes Ölabscheidesystem hier entscheidend für eine Balance zwischen Wirtschaftlichkeit und Luftreinheit.

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