Einleitung
Die präzise Bestimmung von Partikeln, Wasser und Öl in Druckluftsystemen ist ein entscheidender Bestandteil des Qualitätsmanagements und der Prozesssicherheit. Ein oft unterschätzter, jedoch grundlegender Aspekt ist die Auswahl der richtigen Probenahmestelle. Dieser Artikel beleuchtet, warum die Positionierung der Probenahmestelle einen erheblichen Einfluss auf die Messergebnisse hat, welche physikalischen Grundlagen dabei eine Rolle spielen und wie Ingenieure sowie Messtechniker diesen Faktor optimal berücksichtigen können.
Physikalische und technische Grundlagen: Druckluftsysteme und Strömung
Druckluftsysteme sind in der Praxis hochkomplex und bestehen aus vielen Verzweigungen, Leitungen, Ventilen und Abscheidern. Diese Vielfalt führt zu:
- Inhomogenen Strömungsprofilen
- Druckverlusten
- Kondensatbildung an ungünstigen Stellen
Solche Effekte wirken sich unmittelbar auf die Zusammensetzung der Druckluft aus, z. B. auf die Partikelkonzentration oder den Feuchtegehalt. Messungen an einer nicht repräsentativen Stelle liefern somit keine zuverlässigen Aussagen über die tatsächliche Luftqualität.
Anforderungen an die Probenahmestelle nach Normen
Normen wie ISO 8573 und die VDMA-Richtlinien für Druckluftqualität legen fest, dass Probenahmestellen:
- Repräsentativ für den tatsächlichen Zustand der Druckluft sein müssen.
- Nicht direkt hinter Kompressoren oder Trocknern (wo Temperatur und Feuchte schwanken).
- Möglichst in Hauptleitungen mit stabilem Druck und homogener Strömung positioniert sein sollten.
Ziel ist es, den Zustand der Druckluft zu erfassen, wie er tatsächlich am Einsatzort (z. B. Maschine, Produktionslinie) vorliegt.
Auswirkungen falscher Probenahmeorte
Werden Proben an nicht repräsentativen Stellen entnommen, können folgende Probleme auftreten:
- Zu hohe Partikelkonzentrationen: An Totzonen oder Rohrbögen sammeln sich Partikel an, die nicht dem eigentlichen Systemzustand entsprechen.
- Verfälschte Feuchtemessungen: Hinter Trocknern oder bei Temperaturgradienten kann sich Feuchte lokal anreichern oder ausfällen.
- Fehlerhafte Ölmessungen: An ungünstigen Stellen kann sich Öl kondensieren oder sammeln, was die Messung verfälscht.
Dies führt zu Messwerten, die nicht die Realität am Punkt der Luftverwendung widerspiegeln und damit falsche Rückschlüsse auf die Luftqualität ermöglichen.
Einfluss von Strömungsgeschwindigkeit und Turbulenzen
Die Strömungsgeschwindigkeit ist an der Probenahmestelle ebenfalls entscheidend (vgl. ISO 8573-4). Bei unruhigen oder turbulenten Strömungen ist die Verteilung von Partikeln und Aerosolen oft nicht gleichmäßig. Daher:
- Keine Messung in Bögen oder direkt nach Querschnittsänderungen.
- Mindestens 10x Rohrdurchmesser lange Beruhigungsstrecken vor der Probenahme.
Praxis: Kriterien für eine geeignete Probenahmestelle
Für Ingenieure und Messtechniker ergeben sich daraus folgende Empfehlungen:
✅ Hauptleitungen bevorzugen: Dort ist die Luftqualität meist am homogensten.
✅ Genügend Abstand zu Kompressoren, Trocknern und Filtern: Mindestens einige Rohrdurchmesser Abstand, um lokale Effekte zu vermeiden.
✅ Vermeidung von Totzonen: Keine Probenahme in Rohrabschnitten, in denen sich Kondensat oder Partikel ansammeln.
✅ Einsatz von genormten Probenahmeventilen: Diese bieten definierte Entnahmepunkte mit gleichmäßigem Volumenstrom.
Dokumentation und Überprüfung
Gemäß ISO 8573-5 müssen Probenahmestellen dokumentiert und regelmäßig überprüft werden, um sicherzustellen, dass sie weiterhin repräsentativ sind. Änderungen an der Rohrleitungsführung oder am Betrieb der Druckluftanlage können diese Repräsentativität beeinträchtigen.
Fazit
Die Wahl der richtigen Probenahmestelle ist von entscheidender Bedeutung für präzise und normgerechte Druckluftmessungen. Nur wenn die Probenahme repräsentativ und unter kontrollierten Bedingungen erfolgt, können die gemessenen Werte tatsächlich als Grundlage für Qualitätssicherung, Normkonformität und Prozessoptimierung dienen. Für Ingenieure und Messtechniker ist die gezielte Auswahl, regelmäßige Überprüfung und Dokumentation der Probenahmestelle daher ein Muss.